Slow Living - Leben mit mehr Achtsamkeit
Die vergangenen Jahre haben uns vor neue, ungeahnte Herausforderungen gestellt. Gesellschaftliche, politische und technische Entwicklungen setzen fortwährend neue Maßstäbe. Unser beruflicher und privater Alltag ist oft schnelllebig und stressig. Zudem prasseln ständig neue Trends auf uns ein. Das hat auch Auswirkungen auf die Art wie wir leben und nicht zuletzt, wie wir wohnen. In vielen Bereichen unseres Lebens verändert sich unser Bewusstsein. Wir sprechen von Achtsamkeit und Entschleunigung. Von Wandel und Nachhaltigkeit.
Entstanden ist die „Slow“ Bewegung, zu der auch Slow Living gehört, in den 1980er Jahren in Italien, ursprünglich als Gegenbewegung zum Fast Food. In den 1990er Jahren weitete sich die Slow-Bewegung auf andere Lebensbereiche aus, wie beispielsweise auf das Thema Reisen. Das nennt man "Slow Travel“ – Der Weg ist das Ziel. Hier reist man um des Reisens Willen und nicht, um einfach nur an einem bestimmten Zielort anzukommen.
Der Gedanke hinter den unterschiedlichen Slow-Bewegungen ist dabei immer derselbe: Wir setzen uns bewusster und achtsamer mit unserer Umwelt und unserem Leben auseinander, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren und eine höhere Lebensqualität zu erreichen. Es geht dabei jedoch nicht nur um Entschleunigung. Die einzelnen Buchstaben des Wortes „Slow“ haben auch jeweils eine Bedeutung: Der Trend des Slow Living im Wohnbereich entstand erst in den letzten Jahren als Reaktion auf eine Welt, die immer digitaler, schnelllebiger und hektischer wird.
Es handelt sich hier nicht nur um eine Modeerscheinung, sondern um eine Lebensphilosophie. Der Fokus liegt dabei darauf eine Umgebung zu schaffen, die dazu beiträgt, Stress abzubauen und zur inneren Ruhe zu finden.
Als Interior Designerin beschäftige ich mich täglich damit, wie wir unsere Wohnräume gestalten und einrichten können, um Bedürfnisse zu erfüllen und Wohlbefinden zu fördern. Wir sollten uns bewusst Zeit für die Gestaltung unseres Zuhauses nehmen, denn in einer entspannten und inspirierenden Umgebung können wir uns wohlfühlen und uns erholen.
Material
Eine wichtige Rolle spielt dabei die Auswahl der Materialien und Möbel. Slow Living bedeutet hier auch, auf Nachhaltigkeit und Qualität zu achten. Das heißt, wir sollten uns für natürliche Materialien entscheiden, die langlebig und umweltfreundlich sind. Wussten Sie, dass es kaum einen nachhaltigeren Rohstoff gibt als Naturstein? Schon die Herstellung von Naturstein ist äußerst ressourcenschonend, da der Stein an sich ein im Laufe von Jahrmillionen gewachsenes Material ist. Man findet ihn nahezu fertig in der Natur, er muss lediglich geschliffen und poliert werden. Für die Gewinnung und Verarbeitung wird Energie verbraucht, diese ist aber im Vergleich zu anderen Baustoffen sehr gering. Bei der Entsorgung von Naturstein ist die positive Ökobilanz durch kein anderes Bauprodukt zu toppen.
Und mal ganz abgesehen davon hat die Natur uns mit Naturstein ein unvergleichliches Material geschenkt, das gestalterisch einzigartige Akzente setzt. Allein der Transportweg kann sich negativ auf die Klimabilanz auswirken. Wenn man sich also dafür entscheidet, zum Beispiel sein Badezimmer mit Naturstein, anstatt mit Fliesen zu gestalten, sollte man zuerst einmal prüfen, ob ein in Europa heimischer Stein die gestalterischen und zweckmäßigen Eigenschaften erfüllen kann. Auch die Auswahl der Möblierung sollte sorgfältig erfolgen. Neben Regionalität sollte man auf langlebige Qualität setzen und auf Mainstream-Trends verzichten, um der Wegwerf-Mentalität entgegenzuwirken.
Ein weiterer Aspekt des Slow Living ist die Reduktion von Überflüssigem. Wenn wir unser Zuhause neugestalten, sollten wir uns bei dieser Gelegenheit auch bewusst fragen, was wir wirklich brauchen. Weniger ist hier mehr, denn eine klare Strukturierung der Räume trägt zu einem entspannten und klaren Geist bei, genauso wie eine gezielte Formensprache und Materialauswahl. Es ist immer ein individueller Prozess, das eigene Zuhause einzurichten. Trends können hier Inspirationen geben, beispielsweise bei der Formgebung oder der Farbgestaltung. Aber letztendlich sollte sich jeder von uns in seinen eigenen vier Wänden wiederfinden.
Farbe
Auch das Farbkonzept sollte neben unserem persönlichen Geschmack auch auf unsere Bedürfnisse abgestimmt sein, um eine harmonische und entspannte Atmosphäre zu schaffen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Farben bei der Raumgestaltung einzusetzen.
• Farbharmonien: werden durch die Verwendung von sich im Farbkreis nahegelegenen Farben erreicht, wie zum Beispiel Blau und Grün oder Gelb und Orange.
• Monochromatische Farbschemen: hier werden verschiedene Töne und Schattierungen einer Farbe verwendet.
• Akzentfarben: werden als Highlight in einem Raum verwendet. Wenn ich also einen Raum in neutralen Farben, wie Weiß, Grau oder Beige gestalte, kann ich eine lebhafte Akzentfarbe hinzufügen.
• Farbpsychologie: Farben können auch bestimmte Stimmungen oder Emotionen auslösen. So wird Grün eine ausgleichende und beruhigende Wirkung auf den Menschen nachgesagt und eignet sich daher zum Beispiel hervorragend für die Verwendung in Schlafräumen.
Letztendlich hängt die Wahl der Farbe von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Funktion des Raums, dem persönlichen Geschmack und dem individuellen Stil. Eine sorgfältige Planung und Abwägung der verschiedenen Optionen tragen hier in jedem Fall zu einer harmonischen und nachhaltigen Raumgestaltung bei.
Licht
Schließlich spielt auch das Licht eine wichtige Rolle. Wir sollten darauf achten, dass unsere Wohnräume ausreichend Tageslicht erhalten und dass die Beleuchtung stimmungsvoll und angenehm ist. Gleichzeitig sollte das Licht auch funktional sein, zum Beispiel in der Küche, im Homeoffice oder im Badezimmer. Es gilt Stimmung und Funktion gleichermaßen zu berücksichtigen und, je nach Bedarf, verschiedenen Optionen einzuplanen. Hierbei sollte unbedingt auf eine energieeffiziente Auswahl der Leuchtmittel Wert gelegt werden. Die LED-Technik hat sich hierfür weitestgehend durchgesetzt, da diese einfach und effizient unterschiedlichste Lichtstimmungen ermöglicht. In Verbindung mit einer Smart-Home-Steuerung lassen sich diese einfach und bedienerfreundlich erzeugen.
Insgesamt geht es beim Slow Living Wohnen also darum, bewusst und achtsam zu gestalten und dabei auf Nachhaltigkeit, Qualität, Regionalität und Reduktion zu setzen. Mit einer entspannten und inspirierenden Umgebung können wir uns erholen und neue Energie tanken. Voraussetzung für die Gestaltung und Umsetzung eines Slow Living-Zuhauses ist ein intensiver Austausch mit dem Kunden. Sie oder er soll sich ja am Ende in den eigenen vier Wänden wiederfinden!
Für die Planung eines Projektes ist ein Ablaufprozess von der Anforderungsanalyse über die Konzeptentwicklung bis hin zur Ausführungsplanung vorgesehen. Hier wird erarbeitet und entschieden, wie die Räume aussehen und ausgeführt werden.
Bei der Auswahl von Möbelstücken und Materialien sollte man neben dem persönlichen Geschmack, dem Designfaktor und der Qualität auch die Herkunft des Produkts hinterfragen. Möglichst kurze Transportwege sind umweltschonend. Ein sensibilisiertes Bewusstsein gilt auch für die Auswahl von Baumaterialien. Verwenden Sie nachhaltige Baustoffe wie recycelte Materialien oder Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Reduzieren Sie den Einsatz von nicht wiederverwertbaren oder umweltschädlichen Materialien wie PVC oder Styropor.
„Du bist, was Du isst“ heißt es in der Slow Food-Bewegung. Sollen wir dann nicht auch sagen: „Ich wohne, also bin ich“?
Durch unseren Einrichtungsstil und dessen Umsetzung zeigen wir nicht nur, was uns gefällt, sondern auch wer wir sind. Auch der gesundheitliche Aspekt ist nicht zu vernachlässigen! Denn nachhaltiges Wohnen unter den Gesichtspunkten des Slow Livings trägt zum Wohlbefinden bei und kann sogar gesundheitsfördernd sein, wenn wir auf schadstofffreie Materialien und Produkte setzen.
Nicht zuletzt hat jeder von uns auch eine Verantwortung. Sich selbst, seinen Mitmenschen und kommenden Generationen gegenüber. Interior Design und Slow Living sind also keine parallelen Begriffe, vielmehr ist Interior Design ein wichtiger Bestandteil der Slow Living-Philosophie.